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Foto: aboutpixel.deWie viele Noten, Begutachtungen und Qualitätsprüfungen verträgt der deutsche Pflegemarkt? Das wirklich Neue in der Qualitätssicherung der Pflege durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz aus dem letzten Jahr ist die Regelungsdichte sowie das Nebeneinander von Pflegewissenschaft, Sozialgerichtsbarkeit und Verbraucherinformation.

Die im Juli diesen Jahres veröffentlichten Empfehlungen des Beirates zur Evaluation der Pflege- Transparenzvereinbarungen fordern, die Öffentlichkeit über Aussagekraft, Reichweite und Weiterentwicklungsbedarf der Benotung der Pflegeheime und ambulanten Dienste besser zu informieren und den eingeschlagenen Weg der Pflege-Transparenzvereinbarungen "ohne etwaige Aussetzung" weiter zu verfolgen.

Das Sozialgericht in Münster hält gerade dies für nicht verantwortbar und meint, dass die Darstellung der Transparenzberichte für den Leser nicht nachvollziehbar, sondern vielmehr irreführend sei. Der Verband der Ersatzkassen ist stolz, das 17 Millionen mal ratsuchende Verbraucher das Internet genutzt haben, um sich über Pflegeheime, Qualitätsberichte und Pflegenoten zu informieren.

Was Pflegewissenschaftler auf 332 Seiten zu den Benotungen sagen ist für den ratsuchenden Verbraucher nicht unbedingt immer verständlich. Wer weiß schon was die Berücksichtigung von pflegesensitiven Outcomes oder pflegesensitiven Risikokriterien ist oder was hinter der Beiratsforderung steckt, die Funktion und Bedeutung der Transparenzkriterien im Sinne einer Transparenz darzulegen und zu differenzieren.

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Richtig verbraucherfreundlich ist, dass sich inzwischen Sozialgerichte bundesweit in 214 Verfahren darüber den Kopf zerbrechen, ob die Veröffentlichung von Pflegenoten im Internet überhaupt rechtlich zulässig ist. Der Verband der Ersatzkassen kann noch keinen eindeutigen Trend der gerichtlichen Auseinandersetzungen ableiten. Für ihn gehen die Verfahren fifty-fifty aus.

Will der ratsuchende Verbraucher nicht auf höchstrichterliche Entscheidungen warten, was oder was nicht veröffentlicht werden darf, kann er sich auf dem vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz geförderten Projekt Heimverzeichnis.de informieren.

Die dafür zuständige Ministerin meint auch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen müssten, welche Heime ihren Vorstellungen am nächsten kommen; aber eigentlich sei es zu Hause am schönsten. Das Ministerium finanziert ehrenamtliche Gutachter, um eigene Begutachtungen in deutschen Pflegeheimen durchzuführen und diese im Internet zu veröffentlichen.

Absolut verbraucherfreundlich wird es zukünftig für die Bayern. In Bayern wurde im Jahr 2009 ein 226-seitiger Prüfleitfaden für die Heimaufsicht veröffentlicht, der die Prüfer zusammen mit einer 12-tägigen Fortbildung zum Qualitätsmanagementbeauftragten auf bevorstehende Prüfungen der Heimaufsicht nach dem bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz fit machen soll. Auch diese Ergebnisse werden ab Januar 2011 veröffentlicht. Ob das ganze Prüfen, Bewerten und Benoten den Betroffenen und Beitragszahlern nützt, weiß heute keiner.


Auf den ersten Blick erscheint das Prüfsystem und die Idee einer Begutachtung mit Benotung von Pflegeheimen plausibel und für Gesetzgeber sowie Prüfer nachvollziehbar. Bei näherer Betrachtung muss man jedoch die Frage stellen, warum wir in Deutschland gleich drei Prüfinstanzen brauchen, die sich einzig aus Beitragsgeldern der Pflegekassen oder Steuergeldern finanzieren.

Laut Angabe des Spitzenverbandes der Medizinischen Dienste kostet die Prüfung einer Einrichtung im Schnitt rund 4.500 Euro. Heimverzeichnis.de belohnt die ehrenamtlichen Gutachter mit 60 Euro pro Heim und Gutachten. Das Sozialgericht Münster hat den Streitwert, ob ein Pflegeheim die Unterlassung der Veröffentlichung eines Transparenzberichts verlangen kann, auf 5.000 Euro festgesetzt.

Vielleicht wäre es verbraucherfreundlicher, die finanziellen Mittel in die Pflege zu stecken, denn neben dem Sozialgericht in Münster ist sogar der pflegewissenschaftliche Beirat der Meinung, dass in Deutschland die Definition von Pflegequalität bzw. Qualität in der Pflege ohnehin bislang unklar sei.

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