Eine dünne Schicht Elektronik über einer haarfeinen Platte, die gerade einmal acht mal acht Millimeter groß ist, und aus der hundert feine und spitze Nadeln nach unten heraus ragen – so könnte in wenigen Jahren die Schnittstelle aussehen, über die Menschen eine Prothese fast so gut wie eine normale Hand oder ein gesundes Bein bewegen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsschwerpunktes „Technologien der Mikropheripherik“ der Technischen Universität Berlin (TUB) und des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in Berlin-Wedding entwickeln zurzeit ein solches „Interface“. Und der Physiker Matthias Klein ist recht zuversichtlich, dass die Technik in der Praxis gute Chancen haben könnte.

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„Ein solches Interface lässt sich zwar auch direkt verdrahten“, erklärt der Wissenschaftler. Dann aber würden Drähte von den Nerven aus dem Inneren des Armstumpfes oder sogar aus dem Inneren des Gehirns an die Oberfläche des Gewebes zu einer Art Stecker führen. Das würde jedoch ein erhebliches Infektionsrisiko bedeuten. Daher entwickeln die Berliner Forscher gemeinsam mit der University of Utah eine drahtlose Schnittstelle, die in Fachkreisen „Array“ genannt wird. Seit mehr als einem Jahr kooperieren die Universität in den USA und das Fraunhofer-Institut in Berlin. Einer der Kooperationspartner in Utah ist dabei Prof. Dr.-Ing. Florian Solzbacher. Der Experte im Bioingenieurwesen ist TU-Absolvent.


Die hundert nadelfeinen Spitzen an der Unterseite werden in das Gewebe gedrückt. Sendet nun eine Nervenzelle ein Signal in Form eines winzigen elektrischen Stromimpulses, können die Nadelspitzen diesen Stromfluss aufnehmen. Dazu benötigen sie einen direkten Kontakt zum sendenden Nerv im Gehirn oder am Nervenstrang.

Der Rest ist Mikroelektronik vom Feinsten: Die Spitzen leiten das Signal an einen winzigen Chip weiter. Dieser verstärkt das schwache Signal und filtert gleichzeitig störendes Rauschen heraus. Ganz oben auf dem gerade einmal drei Millimeter hohen Bauteil gibt es dann noch eine winzige Antenne, die das Signal nach außen sendet.


Bleibt das Problem der Energieversorgung. Es würde wenig bringen, wenn zwar die Drähte fehlen und damit eine große Infektionsgefahr eliminiert ist, stattdessen aber häufig unter hoher Infektionsgefahr eine Batterie gewechselt werden muss. Daher versorgen die Forscher der TU Berlin und des Fraunhofer IZM ihr Interface einfach drahtlos mit Energie, indem sie außerhalb des Körpers mit einer Spule ein kleines elektrisches Feld anlegen. Nicht viel anders liest ein Scanner die Informationen auf dem Minichip, der in elektronisch lesbare Reisepässe eingebaut wird. Auch diese Technik ist also gut erprobt.

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Steckt so ein Interface erst einmal im Gewebe, stellt sich der Mensch zum Beispiel vor, er würde gerade seine Hand zur Faust ballen. Das Nervensignal wird nun zu einer Software weiter geleitet, die nach einigen Malen „Faust ballen“ lernt, welches Signal dabei durch die Nervenbahnen saust. Kommt nun im Alltag das Signal „Faust ballen“, gibt die Software den Befehl in einer „Sprache“ weiter, die der

Elektronik in der Prothese geläufig ist. Langsam lernt der Mensch dann, die Prothese fast so wie eine verlorene Hand zu benutzen. Haben die Ingenieure dieses Interface fertig entwickelt, kann es nicht nur in das Gehirn oder in das Gewebe des Stumpfes eines Gliedmaßes eingebaut werden, um Signale von den Nerven an die Elektromotoren der Prothese weiter zu geben. Das Ganze würde natürlich auch umgekehrt funktionieren, erklärt Matthias Klein: „Sensoren in der Prothese können Signale so auch über das Interface an das Nervengewebe im Gehirn weiter leiten.“ Mit Hilfe des „Arrays“ könnten Prothesen in Zukunft also auch Sinneseindrücke an den Körper liefern.

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