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Die Kreditwirtschaft steht angesichts der Wirtschaftskrise in der Pflicht, ein Sofortprogramm für überschuldete Verbraucher aufzulegen. Das fordern Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Diakonie, Paritätischer Wohlfahrtsverband, Rotes Kreuz und Verbraucherzentrale Bundesverband, die heute in Berlin den Schuldenreport 2009 vorstellten.

Diesem zufolge entfallen rund 60 Prozent der Schulden von Verbrauchern auf rückständige Kredite. Die sechs Herausgeber fordern außerdem eine verantwortliche Kreditvergabe und Anstrengungen, um die Finanzkompetenz von Verbrauchern zu verbessern.

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Banken in finanziellen Schwierigkeiten bekommen derzeit milliardenschwere Unterstützung durch Steuergelder. Die Wirtschaftskrise trifft jedoch auch viele Verbraucher. Ihnen droht Arbeitslosigkeit, laut Schuldenreport der häufigste Auslöser für Überschuldung. Doch obwohl Banken staatliche Hilfen erhalten und günstig an Geld kommen, bitten sie Verbraucher in wirtschaftlicher Not ohne Rücksicht zur Kasse. Nach einer Analyse der Stiftung Warentest für den Zeitraum Juni 2008 bis April 2009 haben Kreditinstitute die Zinssenkungen der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht an ihre Kunden weitergegeben. Die Stiftung Warentest schätzt, dass die Banken durch die Nichtweitergabe 1,3 Milliarden Euro kassiert haben. Während im genannten Zeitraum der EZB-Zinssatz von 4 Prozent auf 1,25 Prozent gesunken ist, haben einige Institute sogar ihre Dispozinsen erhöht.


Vor diesem Hintergrund fordern die sechs Herausgeber des Schuldenreports als Sofortprogramm von der Kreditwirtschaft:

  • die Senkungen der Leitzinsen an die Verbraucher weiterzugeben,

  • flexibel auf kurzfristige finanzielle Engpässe ihrer Kunden zu reagieren, zum Beispiel durch verlängerte Zahlungsaufschübe (Stundungen) und den Verzicht auf Verzugszinsen,

  • die Kreditraten im Falle längerer Einkommensausfälle an die veränderte wirtschaftliche Situation ihrer Kunden anzupassen, ohne sie durch erneute Bearbeitungskosten und den verpflichtenden Abschluss von weiteren Verträgen zusätzlich zu belasten.

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Unverantwortliche Kreditvergabe sanktionieren

Unverantwortliche Kreditvergabe ist laut Schuldenreport ein weiterer Auslöser für Überschuldung von Privatpersonen. Banken ködern Verbraucher mit Kreditverträgen, die sie wirtschaftlich überfordern. Geraten die Kunden während der Vertragslaufzeit in Zahlungsschwierigkeiten, bieten die Geldhäuser ihnen oft überteuerte Umschuldungen an, die sie noch tiefer in das Schuldenkarussell treiben. Deshalb fordern die sechs Herausgeber des Schuldenreports, unverantwortliche Kreditvergabe zu sanktionieren. Wenn Verbraucher durch den Abschluss eines Kreditvertrages wirtschaftlich offensichtlich überfordert wurden, sollte der vertraglich vereinbarte Zinssatz auf den gesetzlichen Zinssatz herabgesetzt werden. Zudem ist in einem solchen Fall die monatliche Rückzahlungsvereinbarung an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers anzupassen.


Kreditwirtschaft an Kosten für Schuldnerberatung beteiligen

Um Überschuldung zu verhindern, ist eine flächendeckende anbieter- und produktunabhängige Finanzberatung unerlässlich. Doch mit ihren Kapazitäten können etwa die Verbraucherzentralen derzeit lediglich 0,14 Prozent der Privathaushalte im Jahr beraten. Um hier Abhilfe zu schaffen, müssen Bund und Länder zusätzliche finanzielle Mittel bereitstellen. Auch ist ein zeitnaher Zugang zu kostenloser Schuldnerberatung sicherzustellen. Etwa die Hälfte der Beratungsstellen verfügt über nur eine Beratungskraft, weitere zehn Prozent über lediglich eine Teilzeitkraft. Nur rund 15 Prozent der verschuldeten Menschen ist es möglich, kostenlos Hilfe zu erhalten. Viele müssen auf einen Beratungstermin Monate warten, teilweise bis zu einem Jahr. Der Ausbau der Schuldnerberatung ist daher dringend erforderlich. An der Finanzierung sollte sich nach Auffassung der Herausgeber des Schuldenreports auch die Kreditwirtschaft beteiligen, da sie von der Arbeit der Schuldnerberatung profitiert.

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Der Schuldenreport weist außerdem darauf hin, dass es um die Finanzkompetenz der Bevölkerung schlecht bestellt ist. Viele Verbraucher sind gar nicht in der Lage, den für sie passenden Kredit auszuwählen und abzuschließen. Die Herausgeber des Schuldenreports fordern Bund und Länder auf, eine nationale Strategie zur Verbesserung der finanziellen Bildung auf den Weg zu bringen.

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