Die Karlsruher IAS Institut für Arbeits- und Sozialhygiene Stiftung hat ein Pandemie-Handbuch entwickelt, mit dem Unternehmen ein Risiko-Krisenmanagement-System für den Fall einer Influenza-Pandemie aufbauen können.

Mit dem über 200 Seiten starken Leitfaden werden in Workshops anhand von Checklisten nach betriebswirtschaftlichen Kriterien alle für den Falle einer Pandemie erforderlichen Maßnahmen analysiert und Handlungsempfehlungen abgeleitet.

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In dem Handbuch sind die Krisenpläne der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und der Europäischen Union sowie die österreichischen Normen für den Katastrophenfall berücksichtigt. Die von der IAS Stiftung erarbeitete Handlungsanleitung wird unter anderem für die Mitarbeiter des Robert-Koch-Instituts in Berlin umgesetzt.

"Für ein Unternehmen kann es schnell das Aus bedeuten, wenn plötzlich 25 bis 50 Prozent der Belegschaft für mehrere Wochen ausfallen", so Dr. med. Dirk-Matthias Rose, Vorstand Medizin und Technik der IAS Stiftung.

Sollte es in Deutschland durch das Überspringen des Vogelgrippevirus H5N1 auf den Menschen zu einer Influenza-Pandemie kommen, würden wahrscheinlich rund die Hälfte aller Beschäftigten nicht am Arbeitsplatz erscheinen.

So mussten beim Ausbruch der SARS-Epidemie im ostasiatischen Raum zahlreiche Firmen von einem Tag auf den anderen mit der Hälfte ihrer Belegschaft auskommen. Die Menschen blieben nicht nur zu Hause weil sie selbst erkrankten. Viele hatten Angst, sich am Arbeitsplatz oder auf dem Weg dorthin anzustecken.

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In den meisten Firmen könne in diesem Fall die Produktion nicht mehr aufrecht erhalten werden, bei einem Ausfall über mehrere Wochen drohe Insolvenzgefahr. Das auf Arbeitsmedizin, betriebliche Sicherheit und Umweltschutz spezialisierte bundesweit tätige Unternehmen empfiehlt Firmen deshalb die Installation eines Frühwarnsystems und eines auf die betrieblichen Belange abgestimmten Pandemieplans als Teil des Risiko- und Krisenmanagements.

Diese Pläne beinhalten nach betriebswirtschaftlichen und arbeitsmedizinischen Kriterien alle Ziele und Maßnahmen im Vorfeld und nach Ausbruch einer Grippepandemie. Ziel ist die langfristige Aufrechterhaltung der Prozesse des Unternehmens.

Darüber hinaus entwickelt die IAS Stiftung eine Internetplattform. Hier werden die unternehmensspezifischen Krisenpläne abhängig von der Risikosituation aktualisiert und den Unternehmen mit individuellen zugangsgeschützten Bereichen zur Verfügung gestellt.

"In vielen Unternehmen existieren Notfallpläne für den möglichen Ausfall der Computeranlage oder für den Brandschutz", so Rose, "das Szenario einer Grippe-Pandemie dagegen wird kaum betrachtet".

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Während die meisten bestehenden Krisenmanagementsysteme von einem kurzfristig und plötzlich eintretendem Ereignis wie zum Beispiel einem Großbrand oder einer Explosion ausgehen, handelt es sich bei einer Grippe Pandemie um ein länger anhaltendes Ereignis von außen, gegen das die Firmen zunächst nichts tun können. Deshalb seien, so Rose, hier andere Vorsorgemaßnahmen erforderlich.

Da vom Auftreten der ersten Krankheitsfälle bis zur weltweiten Ausbreitung nur eine Reaktionszeit von wenigen Tagen bestehe, bleibe im Pandemiefall nicht genügend Zeit für Vorsorgemaßnahmen. "Wir wissen nicht ob der Pandemie-Fall schon in wenigen Wochen oder erst in einigen Jahren eintritt", so Rose.

Deshalb sei die Installation eines darauf abgestimmten Krisenmanagementsystems keine einmalige Aktion sondern sinnvoll als dauerhafte Daseinsvorsorge der Unternehmen. Der Pandemieplan beinhaltet unter anderem Maßnahmen zur Bildung eines Krisenstabes, die Festlegung und Ausbildung des für die Aufrechterhaltung des Betriebs unbedingt notwendigen Personals sowie Maßnahmen zur Verhinderung der Infektionsausbreitung im Betrieb einschließlich erforderlicher Hygienepläne und Schutzmaßnahmen.

Auch Maßnahmen zur Bevorratung von Medikamenten zur Prophylaxe oder Therapie und Maßnahmen zur Versorgung von Arbeitsunfällen werden initiiert, da damit gerechnet werden muss, dass im Pandemiefall Rettungsmittel und Behandlungskapazitäten nur sehr begrenzt verfügbar sein werden.

Über Partnerfirmen der IAS kann das Unternehmen auch die Versorgung mit gegebenenfalls erforderlichen Materialen wie Atemschutzmasken, Handschuhen, Desinfektionsmitteln und bei Bedarf auch die Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen. "Ein großer Teil der krisenrelevanten Organisationen ist in privaten Händen", so Rose, deshalb sei ein funktionierendes Krisenmanagement in Unternehmen auch Voraussetzung dafür, dass nationale Pandemiepläne funktionieren.

Ein funktionierendes Risiko-Krisenmanagementsystem wird darüber hinaus auch ein wichtiger Bestandteil bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens nach den Regelungen des Basel-II-Abkommens und gewinnt zunehmend an Bedeutung im Rahmen versicherungstechnischer Betrachtungen sowie im Rahmen der Störfallverordnung. Hinzu kommt, dass Rating Agenturen eine Herabstufung der Firmen angekündigt haben, die kein Risiko- oder Krisenmanagement für den Pandemiefall ausgearbeitet haben.

Internet: www.ias-stiftung.de 

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