Foto: aboutpixel.deVerfahren zur Bewertung des Nutzens von Arzneimitteln lassen sich verbessern. Dies zeigt ein aktuelles Gutachten, das der Verband Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) in Auftrag gegeben hat, um die derzeit angewandte Nutzenbewertung von Medikamenten hierzulande zu prüfen und die Diskussion darüber anzuregen.

Die Ergebnisse und deren Bewertung thematisiert die „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2008) jetzt in ihrer aktuellen Ausgabe und einem Supplement.

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In Deutschland regeln die Krankenkassen die Gesundheitsleistungen von etwa 90 Prozent der Bürger. Seit dem Jahr 2004 legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die zu erstattenden Leistungen fest. Mit der Bewertung von Nutzen und Kosten von Medikamenten beauftragt der G-BA Institute – mehrheitlich das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Anhand der Berichte des IQWiG formuliert der Ausschuss Vorschriften für die Kassen.

In ihrer Arbeit „Verfahrensweisen und Methoden zur Nutzenbewertung von Arzneimitteln in Deutschland“ prüften der Experte für Health Technology Assessment und Methodenspezialist Jos Kleijnen aus Nether Poppleton, Großbritannien, und die Wissenschaftlerin Geertruida E. Bekkering aus Leuven, Belgien, das Vorgehen deutscher Institute bei der Nutzenbewertung. Sie verglichen es außerdem mit dem des National Institute for Health and Clinical Excellence (NICE). Demnach sei in Deutschland eine umfassendere Abstimmung im Vorfeld nötig, ferner ergänzende Berichte und ein abschließender offener Übersichtsartikel. „Das Gutachten ist eine gute Vorarbeit, um sich auf die Suche nach Verbesserungspotenzialen im IQWiG-Berichtsverfahren zu machen“, kommentiert in der aktuellen DMW Professor Dr. rer. biol. hum. Hans-Konrad Selbmann, Rangendingen. Denn diese existierten, so der ehemalige Direktor des Instituts für Medizinische Informationsverarbeitung der Universität Tübingen – auch gemessen an den gesetzlichen Vorgaben.

Bekkering und Kleijnen empfehlen, dass begutachtende Institute allgemein die Fragestellung gemeinsam mit Vertretern von Gesundheitsökonomie, Patienten, Pharmazie und anderen Gruppen entwickeln. Die dafür vorgeschlagenen „Scoping-Workshops“ seien in Deutschland bereits vielfach gefordert worden, sagt Selbmann. Das vom Gesetz vorgeschriebene Maß an Transparenz bei der Nutzenbewertung ließe sich zudem steigern, indem beteiligte externe Experten ihre Ergebnisse unabhängig veröffentlichen. Bislang müssten sich diese „anonymen Zuarbeiter“ laut Selbmann mit Berichten gleich machen, mit denen sie sich mitunter nicht identifizieren. Abschließend sollte ein offenes Peer-Review erfolgen, so die Autoren des VFA-Gutachtens. Auch hier sollten Namen genannt werden. Dies sei vergleichsweise einfach, sagt Selbmann, „und wurde vom IQWiG bei der Entwicklung der Methodik jetzt auch schon praktiziert“. Einschränkend wirke hierbei vielmehr die schwer einzuhaltende Frist von vier Wochen.

Epidemiologe Selbmann bedauert, dass das Gutachten kaum die Unterschiede behandelt zwischen einer isolierten Nutzen-Bewertung und jener, die auch die Kosten einbezieht. Denn mit dem Kosten-Nutzen-Verhältnis befasst sich das IQWiG erst in einem zweiten Schritt – wenn der Nutzen bereits belegt ist. Dieses zweistufige Verfahren könne jedoch nur bestehen, wenn jeweils dieselben Daten und Methoden eingesetzt würden. „Zur Untersuchung des Zusammenspiels zwischen isolierter Nutzen-Bewertung und nachfolgender Kosten-Nutzen-Bewertung wäre ein zweites Gutachten lohnenswert“, empfiehlt deshalb Selbmann in der DMW.

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