Auf Intensivstationen kann wertvolle Zeit verloren gehen, bevor Ärzte wissen, mit welchen Bakterien ihre Patienten infiziert sind. Die Behandlung von lebensbedrohlich kranken Patienten mit schweren Infektionen muss jedoch sofort erfolgen. Neue Gentests könnten die Diagnostik erheblich beschleunigen.

Doch der Nutzen der Tests ist noch nicht ausreichend untersucht, mahnen Experten. „Welche Erreger schwere Infektionen, wie beispielsweise eine Lungenentzündung ausgelöst haben, wissen Ärzte zunächst nicht“, erläutert Professor Dr. med. Andreas Hoeft, Direktor an der Universitätsklinik Bonn. Sie müssen sie erst in Blutkulturen züchten. Dazu werden Blutproben mit speziellen Nährmedien in einen Brutschrank gestellt. Der Nachweis der Erreger gelingt oft nur zu einem Teil und erfordert wie die Feststellung der Resistenz Zeit. Professor Hoeft: „Es dauert bis zu 72 Stunden, bis die Erreger identifiziert sind.“ Daher ist in schweren Fällen eine sogenannte empirische Therapie erforderlich. Das heißt, dass der Arzt ein Antibiotikum verordnet, das in einer ähnlichen Situation gut gewirkt hat. Muss er nach Identifizierung des Erregers das Antibiotikum wechseln, sind möglicherweise bereits resistente Problemkeime aufgetreten. Die neuen Antibiotika versagen dann ebenfalls.

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„Jede Beschleunigung der Diagnostik kommt deshalb dem Patienten zugute“, sagt Professor Dr. med. Frank Stüber, Geschäftsführender Oberarzt. Mit Gensonden, wie sie für den Nachweis von HI-Viren, aber auch bei der Tuberkulose längst gang und gäbe sind, könnte der Arzt die Zeit der Ungewissheit auf sechs Stunden verkürzen. Hinzu kommt, dass die Gentests zuverlässiger sind. "Die Positivitätsrate liegt deutlich höher als bei der Blutkultur", so Stüber. Die Erwartungen der Intensivmediziner sind deshalb hochgesteckt, zumal moderne Genchips eine große Zahl unterschiedlicher Bakterien auf einmal nachweisen können.

Dennoch bleiben die Experten zurückhaltend. Während mit der Blutkultur immer lebende Bakterien nachgewiesen werden, kann bei Gentests nicht zwischen lebendigen und toten Bakterien unterschieden werden. Die DNA ist in beiden Fällen die gleiche. „Es ist denkbar, dass die Tests Bakterien nachweisen, die mit dem Antibiotikum längst besiegt sind, während die Bedeutung anderer Erreger unterschätzt wird. Denn Infektionskrankheiten zeichnen sich durch eine große Dynamik aus“, warnt Professor Hoeft. Er fordert deshalb, dass die neuen Tests zunächst intensiv in Studien erprobt werden, bevor sie auf breiter Basis in den Kliniken eingesetzt werden.


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