"Erfreulicherweise hat sich die Gentechnologie in Deutschland in weiten Bereichen fest etabliert, wenn auch Teilaspekte noch immer kontrovers diskutiert werden", so das Fazit von Professor Ferdinand Hucho, Sprecher der Arbeitsgruppe, bei der heutigen Präsentation des ersten deutschen Gentechnologieberichts der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.
Mit dem Gentechnologiebericht legt die Akademie eine breit angelegte
Studie zum Stand der Gentechnologie in Deutschland vor. Die
Darstellungen und Bewertungen erfolgen sowohl unter wirtschaftlichen,
wissenschaftlichen und politischen als auch unter ökologischen,
ethischen und sozialen Gesichtspunkten.
Die besondere Qualität der Analyse liegt in der Unabhängigkeit der
beteiligten Wissenschaftler, die in ihrer Summe keine
Partikularinteressen vertreten. Sie arbeiten interdisziplinär und
verbinden natur-, geistes- und sozialwissenschaftliche Ansätze
miteinander. Die Weiträumigkeit des Monitorings erlaubt es, komplexe
Sachverhalte zu beurteilen und Handlungsempfehlungen für Politik,
Wirtschaft und Wissenschaft auszusprechen.
Die Autoren konzentrieren sich auf vier Fallbeispiele aus der aktuellen
Gentechnologie-Debatte: die Genomforschung, die Grüne Gentechnologie,
die molekulargenetische Diagnostik und die Biotech-Start-ups.
o Der Stand der Genomforschung zeigt, daß die Anwendung der
Gentechnologie in der Grundlagenforschung in Deutschland weitgehend
etabliert und akzeptiert ist. Da auf Grund der rasanten Entwicklung die
Grenzen zwischen Anwendungs- und Grundlagenforschung verwischen, ist
ein erhöhtes Maß an gesellschaftlicher Reflexion erforderlich. Die
Arbeitsgruppe befürwortet daher "eine stärkere Vermittlung ethischer
und sozialer Dimensionen der Genomforschung nach dem Vorbild der in
England gegründeten Centre for Genomics in Society, die die
gesellschaftlichen Auswirkungen der Gentechnologie unter-suchen".
o Kein anderer Aspekt der Gentechnologie ist hierzulande so umstritten
wie die Grüne Gentechnologie, die Züchtung und der Anbau von
gentechnisch veränderten Pflanzen. Gegenwärtig bauen andere
Industrieländer, aber auch Schwellenländer wie China, ihre
Forschungskapazitäten in diesem Bereich erheblich aus. Die
Arbeitsgruppe kritisiert hier die zwiespältige Politik der
Bundesregierung: "Während das Forschungsministerium die Grüne
Gentechnologie fördert, wird sie vom Verbraucherschutzministerium
zugleich behindert".
o Die gentechnische Diagnostik ist ein wichtiges Anwendungsfeld der
Gentechnologie in der Medizin und kann sich auf gesellschaftliche
Akzeptanz berufen. Da sie sich in atemberaubendem Tempo entwickelt,
empfiehlt die Arbeitsgruppe, "möglichst schnell einen konsistenten
Rechtsrahmen zu schaffen, der die informationelle Selbstbestimmung der
Patienten sowie eine professionelle Beratung garantiert".
o Der Gentechnologiebericht belegt, daß sich die Biotech-Start-ups
trotz Wirtschaftskrise zuletzt konsolidiert haben. Nach Einschätzung
der Arbeitsgruppe hängt ihre weitere Zukunft auch wesentlich davon ab,
"daß das Management junger Start-up Unternehmen verbessert wird,
beispielsweise durch einen intensiven Austausch zwischen Industrie,
Kapitalgebern und Entrepreneurs".
Die Arbeitsgruppe wird ihre Arbeit bis Ende 2006 weiterführen. Ein
Supplement zur Stammzellenforschung ist Anfang 2006 als nächste
Veröffentlichung geplant. Die Arbeitsgruppe hat unter
http://metadatenbank.gentechnologiebericht.de eine kommentierte
Metadatenbank mit Linklisten zum Thema Biotechnologie zusammengestellt.
Ausführliche Informationen zum Gesamtprojekt sind unter
www.gentechnologiebericht.de zu finden.
Gentechnologie
Analyse einer Hochtechnologie in Deutschland
Forschungsberichte der Interdisziplinären Arbeitsgruppen
Hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften
Elsevier Spektrum, Akademischer Verlag
579 Seiten, geb. 59 Euro, ISBN 3-8274-1675-2
Bestellen können Sie den Gentechnologiebericht
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per Fax: (06221)9126338
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