Seiten

Vor- und Nachteile alternativer Wohnsituationen für Senioren. Laut einer Studie für eine Sonderausgabe des Focus lebt die mit 93 Prozent überragende Mehrheit der deutschen Senioren zuhause, das heißt, in dem Haus, das sie meist mit eigenen Händen erbaut haben. Ein Drittel tut dies schon seit mehr als drei Jahrzehnten, jeder Zehnte wohnt seit mehr als 50 Jahren in denselben vier Wänden. Gängige Meinung ist, dass dies auch ihr Wunsch ist. Neueste Studien belegen allerdings, dass sich 47 Prozent der Senioren, würden sie heute vor die Wahl gestellt, für eine alternative Wohnmöglichkeit entscheiden würden.

Denn mehr als die Selbständigkeit, die ihr Zuhause bietet, zu verlieren, fürchten viele ältere Menschen das Alleinsein und die Hilflosigkeit im Alltag. Hinzu kommt, dass von 11 Millionen Seniorenhaushalten nur etwa 570.000 barrierefrei sind. Trotzdem stehen herkömmliche Altenheime seit Jahren schlecht im Kurs, wenn es darum geht, in eine altersgerechte Wohnung umzuziehen. An ihre Stelle sind Alternativen wie das Mehrgenerationenhaus, experimentelle Wohngemeinschaften von Senioren und Studenten sowie hotelähnliche Residenzen und Pflegeheime getreten, wie die Residenz & Hotel „Am Kurpark“ in Bad König und das angeschlossene „Blaue Haus“, eine Seniorenwohn- und Pflegeunterkunft. Die von der terraconsult Vermögenstreuhand GmbH in Nürnberg verwalteten und betriebenen Häuser verfolgen ihr ganz eigenes Konzept und erfreuen sich wachsender Beliebtheit.

{loadposition position-10}

Die Alterspyramide verschiebt sich immer schneller. Bis 2035 wird über ein Drittel der deutschen Bevölkerung im Rentenalter sein. Die durchschnittliche Lebenserwartung für Männer liegt schon heute bei 83,5, die für Frauen bei 88,0 Jahren. Ältere Menschen werden nicht mehr als „Senioren“ oder „Rentner“ bezeichnet, Werbung und Marketing haben sie längst „Golden Ager“ oder „Best Ager“ getauft. Dies spricht eine deutliche Sprache und bringt eine völlig neue Entwicklung mit sich. Menschen wollen nun auch im Alter – ungeachtet der körperlichen Fitness – eigenständig und unter Gleichaltrigen sein. Die Zeiten, in denen man die dritte Lebenshälfte im Kreis der Familie verbracht hat, sind vorbei. So haben sich auch Projekte wie das Mehrgenerationenhaus, das heißt, das Zusammenleben verschieden alter, nicht verwandter Personen, nur bedingt bewährt.


Mehrgenerationenhäuser als gelebte Wunschvorstellung

Seitdem die damalige niedersächsische Familienministerin Ursula von der Leyen 2006 das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser auf den Weg brachte, sind bundesweit rund 500 entsprechende Einrichtungen entstanden. Die Idee dahinter ist der Austausch von Alltags- und Sozialkomponenten zwischen Jung und Alt, wobei der Fokus auf familiennahen Dienstleistungen liegt. So wird älteren Menschen etwa angeboten, für sie einkaufen zu gehen und zu putzen, während die Senioren im Gegenzug babysitten und kochen.

Die Bewohner eines solchen Mehrgenerationenhauses lernen sich meist erst während der Planungsphase kennen. Im Laufe des Zusammenwohnens führt dies in vielen Fällen dazu, dass Generationenkonflikte entstehen, da sich die jeweils eine Seite unerwartet stark in das Leben der anderen einmischt. Zudem ist das Geben-und-Nehmen-Verhältnis oft recht einseitig, da die jüngeren Bewohner auf Grund ihrer körperlichen Fitness mehr Tätigkeiten übernehmen können als die älteren. „Das Mehrgenerationenhaus ist auch im Raum Freiburg in einem Modellversuch bereits vor zwei Jahrzehnten praktiziert worden und wurde als Wohnform der Zukunft dargestellt“, berichtet Jörg Thuss, geschäftsführender Gesellschafter der terraconsult Vermögenstreuhand GmbH und Experte zum Thema altersgerechtes Wohnen.

{loadposition position-11}

Nach einigen Jahren zeigte sich dann, dass sich die Erwartungshaltungen der jungen gegenüber den älteren Menschen gewandelt hatten. Die Senioren konnten diesen nicht mehr gerecht werden, wodurch sie mit zunehmendem Alter engstirniger wurden und weniger tolerant, was z.B. Lärm und Unordnung im Haus betraf. „Dies sind allerdings typische Generationenkonflikte. Da sich die älteren Bewohner grundsätzlich sicher und gut aufgehoben fühlten, hat dieses Wohnmodell sicher seine Berechtigung. An dem Konzept der unmittelbaren räumlichen Nähe muss allerdings noch etwas gefeilt werden“, so Thuss weiter.


Senioren und Studenten unter einem Dach

Eine ähnliche Situation ergibt sich aus dem Zusammenleben von Senioren mit Studenten. Letztere ziehen daraus den Vorteil, komfortabler zu wohnen als sie es sich alleine leisten könnten. Im Gegenzug erledigen sie Dienste wie Einkaufen, Behördengänge, Hilfe im Haushalt und Garten oder Begleitung bei Arztbesuchen für ihre älteren „WG-Mitglieder“. Auch hier besteht die Gefahr, dass sich das nicht mit dem jugendlichen Lebensstil der Studenten verbinden lässt. In diesem Fall kann es ein ernüchtertes Erwachen für beide Seiten geben und statt weiterhin selbständig sowie in Gesellschaft zu sein, kann Ausgrenzung die Folge einer solch ungleichen Wohnsituation sein. Dennoch: Sind sich beide Seiten einig und gewillt, Kompromisse einzugehen, kann dieses experimentelle Modell eine bereichernde Möglichkeit für alle Beteiligten darstellen.

Residenzen: Wohnen mit Hotelservice

{loadposition position-12}

Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn Senioren unter sich sind. In hotelähnlichen Residenzen und Pflegeheimen genießen die Best Ager die Selbständigkeit, die sie auch aus ihrem früheren Leben zuhause kennen, können sich aber wahlweise auch wie im Hotel fühlen. So ist es in Residenzanlagen mit hotelähnlichem Service möglich, eine barrierefreie Wohnung zu mieten, die über eine eingerichtete Küche sowie eine Nasszelle mit Waschmaschinenanschluss verfügt. Ob Küche und Waschmaschine in Anspruch genommen werden oder lieber im einrichtungseigenen Restaurant gespeist wird und das Servicepersonal die Wäsche macht, bleibt jedem Bewohner selbst überlassen.


Zudem gehören meist auch zahlreiche Unterhaltungsangebote, ein Putzservice, Hilfeleistungen bei behördlichen oder Bankangelegenheiten, Hausmeisterdienst und Zimmerservice zu den angebotenen Leistungen. „Unser Konzept basiert beispielsweise auf dem eines jeden gut geführten Hotels. Allein die Tatsache, dass ich, wenn ich in das Haus komme, an der Rezeption empfangen werde, beweist das. Auch Gäste werden hier erst einmal angemeldet, wodurch dem Schutzbedürfnis des Einzelnen Rechnung getragen wird“, erklärt Thuss.

Zwar muss man sein gewohntes Umfeld und die Vertrautheit des eigenen Hauses hinter sich lassen, doch in der Regel gewöhnen sich die neuen Bewohner schnell ein und es wird ihnen dabei auch geholfen. „Ich habe mein Haus gerne verkauft, nachdem ich hier in Bad König zum erstenmal probegewohnt habe“, erzählt Helena Rauscher, Bewohnerin der Hotel & Residenz „Am Kurpark“. „Ich wollte die Altlasten dieses Lebens loswerden und in guter Gesellschaft sein. Außerdem genieße ich hier viele Vorzüge, die ich mir nach einem langen, arbeitsreichen Leben verdient habe.“  Falls die Selbständigkeit der Residenzbewohner abnimmt, besteht in Bad König beispielsweise die Möglichkeit, in das gegenüberliegende „Blaue Haus“, ein Pflegehaus, das ebenfalls „Hotelcharakter“ besitzt, einzuziehen. Hier werden die Bewohner gemäß der Pflegestufen eins bis drei + versorgt wobei ihr Selbstbestimmungsrecht stets gewahrt bleibt. Auch diese Variante, nämlich Residenzen und Pflegehäuser nah beieinander zu unterhalten, wird immer wichtiger.

Eine Gesellschaft verändert sich

Inzwischen kommt es deutlich seltener vor als noch vor wenigen Jahrzehnten, dass die ältere Generation bei ihren Kindern einzieht. Die Jungen haben nicht mehr die Zeit und die finanziellen Mittel, sich ohne Hilfe um die Eltern zu kümmern. Ebenso wollen die Eltern nicht in die Abhängigkeit geraten und ihren Kindern auf der Tasche liegen – eine Situation, die entsteht, wenn mehrere Generationen zu nah beisammen wohnen. Deshalb kann das Wohnideal der Zukunft nur ein Modell sein, das Alt und Jung seinen Freiraum und seine Selbständigkeit lässt.

Stern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktivStern inaktiv