Die Zahl der älteren Erwerbspersonen nimmt stetig zu, ihre Beschäftigungsquote steigt, während die Arbeitslosenrate der über 50-Jährigen sinkt. Das ist erfreulich. Zugleich ist ein Großteil der Betriebe in Deutschland auf den Alterswandel ihrer Belegschaften nur schlecht vorbereitet. Es besteht ein erheblicher Handlungsbedarf.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat im Oktober in mehreren Studien Situation und Entwicklung der älteren Generation am Arbeitsmarkt beschrieben.

Um mehr als zehn Prozentpunkte hat sich nach Angaben von Eurostat die Beschäftigungsquote in Deutschland bei den über 55-Jährigen seit dem Jahr 2000 erhöht. Sie liegt aktuell bei 52 Prozent und damit bereits über dem Lissabon-Ziel der Europäischen Union von 50 Prozent für das Jahr 2010. Bis dahin möchte die Bundesregierung nunmehr gar 55 Prozent erreichen.

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Ältere nutzen aktuellen Wirtschaftsaufschwung

Zwei Drittel des Beschäftigungsaufbaus im Jahr 2006 machen Ältere über 50 Jahre aus. Sie nutzen offensichtlich stärker als Jüngere die Beschäftigungschancen, die sich mit dem aktuellen Wirtschaftsaufschwung eröffnen, um wieder am Erwerbsleben teilzuhaben.

Davon zeugen 200.000 Arbeitslose über 50 Jahre weniger als vor einem Jahr, als noch 1,1 Millionen ohne Job waren. "Diese Fachkräfte, die 50-Jährigen und Älteren, die noch ein Drittel ihres Lebens vor sich haben, sind nicht alt. Sie werden wieder gebraucht. Sie werden nicht mehr entlassen und sie werden wieder eingestellt", stellt Bundesarbeitsminister Franz Müntefering fest. Die von der Bundesregierung gestartete "Initiative 50plus" wirkt.

Weniger Anreize zur Frühverrentung


Die gestiegene Erwerbsbeteiligung Älterer ist auch auf Änderungen von Verhaltensweisen und von Anreizen zurückzuführen. Möglichkeiten einer faktischen Frühverrentung durch lange Bezugszeiten von Arbeitslosengeld wurden beschnitten. In der Tendenz gehen die Beschäftigten wieder später in Rente als in den zurückliegenden Jahren. Der Frühverrentungstrend hat sich umgekehrt.

Außerdem, so die Experten der Bundesagentur für Arbeit, nutzten "Betriebe angesichts des demografischen Wandels und drohenden Fachkräftemangels zunehmend das Potenzial älterer Fachkräfte".

Betriebe tun zu wenig für Arbeitsfähigkeit Älterer

Sich auf ältere Belegschaften einzustellen, ist die größte Herausforderung für die Betriebe in den nächsten 15 Jahren. Die Zahl der 55- bis 64-Jährigen wird laut IAB bis 2020 um rund 40 Prozent zunehmen.

Betriebliche Maßnahmen für ältere Beschäftigte seien aber noch eher selten, kritisierte das Forschungsinstitut in seinem jüngsten Betriebspanel. Dafür befragt das IAB jährlich 16.000 Betriebe und Verwaltungen.

Kaum Gesundheitsförderung und Weiterbildung

Der Anteil der Firmen, die in Gesundheitsförderung und Weiterbildung Älterer investieren, ist danach zwischen 2002 und 2006 sogar von 19 auf 17 Prozent gesunken.

Von den befragten Unternehmen gab nur ein Fünftel an, mehr Gesundheitsprävention als gesetzlich vorgeschrieben zu praktizieren. Und auch bei dieser Minderheit bestanden die Maßnahmen den Angaben zufolge vor allem in Krankenstandsanalysen und Mitarbeitergesprächen.

Nur ein Viertel aller Beschäftigten wurden 2005 bei Weiterbildungsmaßnahmen von ihren Unternehmen unterstützt. "Erschwerend ist zudem, dass nur wenige Betriebe Ältere in Weiterbildungsaktivitäten einbeziehen oder spezifische Weiterbildungsmaßnahmen für Ältere fördern – und ihr Anteil sinkt." Dies merkten die Arbeitsmarktforscherinnen und -forscher dazu an.

Nur zehn Prozent Ältere bei Einstellungen

Zugleich waren nur zehn Prozent der im ersten Halbjahr 2006 eingestellten Personen älter als 50 Jahre. Damit waren sie bei den Neueinstellungen deutlich unterrepräsentiert: Laut Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit lag ihr Anteil an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten mehr als doppelt so hoch. Zum Teil ist dieses Ungleichgewicht darauf zurückzuführen, dass den Betrieben gar keine Bewerbungen Älterer vorliegen. "Diese rechnen sich entweder keine Chancen aus oder sie haben sich bereits vom Arbeitsleben verabschiedet", so die IAB-Studie.

Beitrag der Unternehmen unerlässlich

Die notwendige und politisch angestrebte höhere Beschäftigungsquote Älterer setzt deren Arbeitsfähigkeit voraus. Dazu müssen mehr Unternehmen einen Beitrag leisten.

"Ohne wesentliche Veränderungen in der betrieblichen Gesundheitsförderung, Weiterbildung und Arbeitsorganisation ist eine deutliche und nachhaltige Erhöhung der Beschäftigungsquote Älterer reichlich unrealistisch", folgert das IAB. Der Nachholbedarf bei betrieblichen Aktivitäten in diesen Feldern ist den Experten zufolge beträchtlich.

Bundesregierung hat Weichen gestellt

Die Bundesregierung hat notwendige Weichenstellungen vorgenommen. In der Weiterbildungsförderung wurden die Anstrengungen bereits erheblich verstärkt. Die Arbeitsmarktpolitik enthält ein breites Leistungsangebot zur Förderung der beruflichen Weiterbildung, insbesondere für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Beschäftigte. Aber auch für Menschen ohne Berufsabschluss.

Die "Initiative 50plus" bündelt diese Maßnahmen mit ihren Instrumenten

  • Kombilohn für Ältere,
  • Eingliederungszuschüsse für Unternehmen, die Ältere einstellen,
  • Weiterbildungsangebote für über 45-Jährige,
  • längere Befristungszeiten.


Steigende Qualifikationserwartungen lassen den Bedarf an beruflicher Weiterbildung auch in Zukunft wachsen. Mehr und bessere Qualifizierung ist auch eine gute Antwort auf die demografischen Veränderungen. Die Bundesregierung hat daher ebenfalls beschlossen, eine Gesamtstrategie für "Lebenslanges Lernen" zu entwickeln.

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