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Pharmaindustrie

Zur Bestimmung von Betäubungsmitteln und Pharmaka wird in der Regel Urin als Probenmaterial verwendet, ein Vorgehen, das allerdings eine Manipulation durch den Patienten ermöglicht. Die Spontanurinprobenahme muss daher unter Aufsicht erfolgen, was einerseits für Patient und Arzt sehr unangenehm ist und andererseits für die Praxen einen erhöhten Zeit- und Personalaufwand bedeutet. Zudem erlaubt die qualitative Nachweismethode im Urin keine Rückschlüsse auf eine pharmakologische Beeinflussung des Patienten.

Dazu war bisher zusätzlich eine venöse Blutprobenentnahme notwendig, die jedoch aufgrund des häufig schlechten Venenzustandes der Patientengruppe schwierig ist. Die Abteilung Toxikologie der LADR GmbH MVZ Dr. Kramer und Kollegen in Geesthacht hat daher ein Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Betäubungsmitteln aus Kapillarblutproben entwickelt. Im Gegensatz zum Urin kann das Kapillarblut sofort mit Hilfe einer Sicherheitslanzette abgenommen werden, anschließend lassen sich mit der Methode circa 40 verschiedene Drogen und Medikamente qualitativ und quantitativ nachweisen.Da so auch Beikonsum nachweisbar ist, lässt sich durch die Analyseergebnisse die Behandlung von Suchtpatienten optimieren.

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„In der Regel werden zur Feststellung von Drogen im Urin immunchemische Methoden angewandt, die dann durch chromatographische Analyseverfahren ergänzt oder bestätigt werden“, so Dr. Lars Wilhelm, Leiter der Abteilung Toxikologie bei der LADR GmbH. „Die immunchemischen Methoden sind nur hinweisgebend, außerdem lassen sich meist lediglich Substanzgruppen nachweisen.“ Da aus der Analyse im Urin ein rein qualitativer Nachweis möglich ist, von dem kein Rückschluss auf einen Wirkstoffspiegel im Blut gemacht werden kann, ist die kumulative Beurteilung der Befunde chronisch erkrankter Patienten hier deutlich erschwert. Auch die Analytik im Speichel oder Kopfhaar hilft nicht weiter.

Zur quantitativen Analyse von Substanzen im Blut war bisher die Entnahme von venösem Blut erforderlich. „Das ist zum Beispiel auch beim therapeutischen Drug Monitoring von Methadon der Fall“, so Laborleiter Wilhelm weiter, der sich seit 1995 mit diesem Bereich beschäftigt. „Ein wesentlicher Nachteil dieses Vorgehens ist allerdings, dass die Entnahme aus der Vene bei IV-Drogenkonsum schwierig sein kann, was die Ärzte häufig abhält, den Methadonspiegel zu bestimmen.“

Neue Analyse ermöglicht Nachweis von circa 40 Substanzen in einer Auswertung

Um die Blutentnahme zu erleichtern und gleichzeitig eine Alternative zur Untersuchung von Urinproben zu schaffen, entwickelten der Fachingenieur für Toxikologie und sein Team im LADR-Labor Dr. Kramer und Kollegen in Geesthacht ein gering invasives Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Methadon in Kapillarblutproben.

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Die Methode ist deutlich angenehmer für den Patienten als die bisherige Lösung: „Eine Urinprobe muss unter Sicht abgegeben werden, damit sie nicht ausgetauscht oder durch Zugabe von außen verfälscht werden kann“, erklärt Wilhelm. „Das ist zeitaufwendig, da nicht jeder Patient sofort Urin abgeben kann oder will, und führt in vielen Praxen zu einem erhöhten Personalaufwand.“ Beim neuen Verfahren dagegen werden dem Patienten zweimal 50 µL Kapillarblut mittels einer Sicherheitslanzette abgenommen, in ein speziell vorbereitetes Röhrchen gegeben und ins Labor geschickt.

Im toxikologischen Speziallabor des MVZ Dr. Kramer und Kollegen in Geesthacht wird die Probe zunächst einer enzymatischen Hydrolyse mit Helix Pomatia unterzogen. Nach Zugabe von deuterierten internen Standards erfolgt eine Flüssig-Flüssigextraktion basischer und neutraler Substanzen. Die organische Phase wird unter Stickstoff bei 55 °C eingedampft und in der mobilen Phase aufgenommen. Anschließend erfolgt die Analyse mittels Liquidchromatographie-Tandemmassenspektrometrie (LC-MS/MS). Die Probenaufarbeitung dauert dabei etwa vier bis fünf Stunden, die Analyse mittels LC-MS/MS nimmt je Probe, Kalibrator oder Qualitätskontrolle circa 15 Minuten in Anspruch.

„Nachdem wir das Verfahren mit Methadon erfolgreich durchgeführt haben, lag es nahe, weitere Betäubungsmittel zu analysieren. Das Spektrum ist dann nach und nach größer geworden und auch die Empfindlichkeit der Methode wurde verbessert“, so der Laborleiter. Mittlerweile können mit der Methode etwa 40 Drogen und Medikamente in einer Analyse nachgewiesen werden, darunter Amphetamine, Benzodiazepine, Kokain, Opiate und Buprenorphin.


Die Methode ist nicht nur effizienter und weniger zeitintensiv als die bisherige zweistufige Lösung aus Urinprobe und Blutabnahme, sie unterbindet auch die Möglichkeit zur Manipulation und liefert forensisch verwertbare Ergebnisse. Zudem lässt sie sich mit steigender Leistungsfähigkeit der Massenspektrometer erweitern, so dass das Substanzspektrum auf aktuelle Trends in der Szene oder individuelle Bedürfnisse angepasst werden kann.

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Optimierte Drogentherapie durch schnelle quantitative Bestimmung der Substanzen

Durch die quantitative Nachweismöglichkeit kann die Analyse von Kapillarblutproben auch helfen, die Behandlung von Suchtpatienten zu optimieren. „Wir erhalten Hinweise darauf, ob der Patient tatsächlich das einnimmt, was er einnehmen soll und ob er sich dabei an die Dosierung hält“, erläutert Wilhelm. So lässt sich die Medikation individuell anpassen und die Prävalenz für einen Rückfall verringern. „Patient und Arzt profitieren von einfacheren Prozessen bei der Probenabgabe und aussagekräftigeren Befunden“, so der Laborleiter weiter. „Trotzdem ist die Methode immer als Ergänzung zu konventionellen Methoden zu sehen.“ LADR ist das einzige Labor in Deutschland, das die massenspektrometrische Bestimmung von Betäubungsmitteln und Pharmaka aus Kapillarblut als Routinemethode anbietet. Derzeit werden pro Woche etwa 100 bis 200 Proben analysiert.

Die Laborärztliche Arbeitsgemeinschaft für Diagnostik und Rationalisierung (LADR) ist einer der größten und leistungsstärksten Zusammenschlüsse medizinischer Laboratorien Europas und für mehr als 20.000 niedergelassene Ärzte und über 200 Kliniken labormedizinischer Partner. Der Firmensitz ist in Geesthacht (südöstlich von Hamburg), deutschlandweit gibt es 17 weitere Standorte und eine sehr gute Zusammenarbeit mit über 35 Laborgemeinschaften. Das Labor in Geesthacht wurde 1945 gegründet und ist das älteste inhabergeführte Privatlabor Deutschlands. Neben den labormedizinischen Schwerpunkten der heutigen LADR GmbH Medizinisches Versorgungszentrum Dr. Kramer und Kollegen wird außerhalb der Medizin von den Abteilungen Hygiene-, Wasser-, Umwelt- und Lebensmittelanalytik ein umfangreiches naturwissenschaftliches Spektrum angeboten. Im medizinischen Bereich weist die Spezial-Abteilung der Drogenanalytik Betäubungsmittel mittels modernster Methoden in Urin, Blut, Kapillarblut, Speichel oder Haaren nach. Es werden unter anderem chromatographische und systemisch toxikologische Screenings durchgeführt sowie Enzymimmunoassays und Bestätigungsanalysen.

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