Foto: aboutpixel.deDas Kabinett hat heute den Eckpunkten für ein Gendiagnostikgesetz zugestimmt. Zuvor haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, genetische Untersuchungen bei Menschen in einem Gesetz zu regeln. Dabei werden die Bereiche geregelt, die einen besonderen Schutzstandard für Bürgerinnen und Bürger erfordern. Im Einzelnen wurden folgende Inhalte verabredet:

1. Das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung im Bereich der Gendiagnostik. Dazu gehören sowohl das Recht, die eigenen genetischen Befunde zu kennen (Recht auf Wissen) als auch das Recht, diese nicht zu kennen (Recht auf Nichtwissen). Genetische Untersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn die Betroffenen in die Untersuchung rechtswirksam eingewilligt haben. Zusätzlich zur individuellen Aufklärung kommt der Beratung im Rahmen von genetischen Untersuchungen besondere Bedeutung zu. Bei vorhersagbaren genetischen Untersuchungen und bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen soll die genetische Beratung nicht nur wie bei diagnostischen genetischen Untersuchungen als Angebot ausgestaltet sein, sondern als Ergänzung zur Aufklärung obligatorisch. Mit der grundsätzlichen Beratungspflicht bei vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen wird der Schwangeren Hilfe angeboten. Gleichzeitig wird das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Schwangeren, das auch vor der Vorenthaltung erlangbarer Informationen schützt, respektiert. Das Recht auf Beratungsverzicht bleibt entsprechend dem anerkannten Recht auf Aufklärungsverzicht davon unberührt.

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2. Allein der oder die Betroffene bestimmen über die Verwendung, also die Weitergabe, Aufbewahrung oder Vernichtung seiner genetischen Daten und Proben.


3. Niemand darf wegen seiner genetischen Eigenschaften diskriminiert oder stigmatisiert werden.


4. Genetische Untersuchungen mit Gesundheitsbezug dürfen nur von Ärztinnen/ Ärzten veranlasst werden, die eine entsprechende Qualifikation nachweisen.


5. Genetische Untersuchungen bei nicht einwilligungsfähigen Personen müssen grundsätzlich einen gesundheitlichen Nutzen für die Person haben.

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6. Genetische Reihenuntersuchungen haben aufgrund ihres Charakters eine andere Qualität als Einzeluntersuchungen. Sie sollen freiwillig sein und nur dann vorgenommen werden, wenn mit der Untersuchung eine vermeidbare oder behandelbare Erkrankung festgestellt wird.


7. Die vorgeburtliche genetische Untersuchung soll auf medizinische Zwecke beschränkt sein. Die Durchführung von vorgeburtlichen genetischen Untersuchungen wird nur dann zugelassen, wenn die Untersuchung darauf gerichtet ist, genetische Eigenschaften festzustellen, die die Gesundheit des Fötus oder Embryos vor oder nach der Geburt beeinträchtigen können.


8. Eine unabhängige Gendiagnostik-Kommission soll Richtlinien zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik insbesondere zur Beurteilung genetischer Eigenschaften, zur Qualifikation von Personen zur genetischen Beratung, zu den Inhalten der Aufklärung und der genetischen Beratung, zur Durchführung von genetischen Analysen sowie an genetische Reihenuntersuchungen erstellen.


9. Genetische Untersuchungen zur Feststellung der Abstammung eines Kindes sind nur dann zulässig, wenn die Personen, von denen eine genetische Probe untersucht werden soll, in die Untersuchung eingewilligt haben.

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10. Im Arbeitsrecht sind genetische Untersuchungen auf Verlangen des Arbeitgebers grundsätzlich verboten. Außerdem darf der Arbeitgeber die Ergebnisse einer in anderem Zusammenhang vorgenommenen genetischen Untersuchung nicht erfragen, entgegen nehmen oder verwenden. Standarduntersuchungen, mit denen die gesundheitliche Eignung eines Beschäftigten für den Arbeitsplatz oder Tätigkeit festgestellt werden kann, bleiben weiterhin zulässig. Beim Arbeitsschutz sollen genetische Untersuchungen im Rahmen arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen nicht bzw. nur unter eng gefassten Voraussetzungen zugelassen werden.


11. Versicherungsunternehmen dürfen beim Abschluss eines Versicherungsvertrages grundsätzlich weder die Durchführung einer genetischen Untersuchung noch Auskünfte über bereits durchgeführte Untersuchungen verlangen. Zur Vermeidung von Missbrauch kann vorgesehen werden, dass die Ergebnisse bereits vorgenommener Untersuchungen vorgelegt werden müssen, z. B. dann, wenn eine Lebensversicherung mit einer sehr hohen Versicherungssumme abgeschlossen werden soll.

Eckpunkte für ein Gendiagnostikgesetz (Stand April 2008)

 

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