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Anhaltende, schwerwiegendere Wundheilungsstörungen sind ein Massenphänomen in Klinik und Praxis. Bis zu fünf Millionen Bundesbürger leiden nach Expertenangaben unter teils jahrelangen Heilungsproblemen. Kaltes Plasma, ein künstlich erzeugtes ionisiertes Gas, kann Abhilfe schaffen: Es tötet Viren, Bakterien und Pilze schnell, ohne Zellen zu gefährden oder Schmerz zu verursachen.

Praktische Erfahrungen und perspektivische Nutzungsfelder der neuen Technologie werden Anfang Dezember in Erfurt im Dialog zwischen Mediziner mit Physikern, Biologen und Ingenieuren erörtert. Plasmamedizin hat sich mittlerweile zum eigenständigen Fachgebiet entwickelt; ihre Wirkungsweise wird seit Jahren in einer Reihe deutscher Forschungsinstitute und Universitätskliniken untersucht.

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Dermatologe Dr. Georg Isbary vom Klinikum Schwabing, Forschungspreisträger der „Fondation Urgo“ 2010, nutzt den heilenden Effekt kalter Plasmen bei chronischen Wunden seit 2005. Das ionisierte Gas reduziere die Bakterienbelastung auf chronischen, arteriellen und diabetischen Wunden gegenüber der Standardbehandlung um bis zu 40 Prozent mehr - ohne Nebenwirkungen oder allergische Reaktionen. Dazu werden die Patienten binnen 14 Tagen etwa zehn Mal zwei Minuten lang mit auf Raumtemperatur gekühltem Argongas bestrahlt.


Mit Plasma sollten nach seiner Auffassung künftig auch MRSA inklusive vieler EHEC- Bakterien zu bekämpfen sein. In Erfurt wird Isbary über Erfahrungen aus laufenden Studien mit Patienten in dem Münchner Klinikum berichten, will zudem ein Plasma-Desinfektionsgerät präsentieren, das sterile alkoholische Lösungen ersetzen soll: „Wer einen Fuß mit Socken in das Gerät steckt, hat beides anschließend keimfrei“, verspricht er. Medizinische und Pflegeeinrichtungen könnten dank Plasmanutzung zudem erhebliche Zeitvorteile und einen Zuwachs an Sicherheit erzielen. Sobald Technik verfügbar werde, die mit Umgebungsluft und normalem Stromanschluss arbeite, sollten niedergelassene Ärzte Plasma-Kleingeräte schon ab 100 Euro für die Praxis anschaffen können, ist Dr. Isbary überzeugt.

Aus der Implantologie und Orthopädie kommen ebenfalls ermutigende Signale: So lassen sich zur Verbesserung der knöchernen Integration mit einer Oberflächenmikrostruktur versehene Dental-Implantate bei bakteriellem Befall mittels Plasmatechnologie desinfizieren, ohne das empfindliche Material anzugreifen. Beim orthopädischen Ersatz großer Knochenstücke im Ergebnis von Unfällen, Tumoren oder Infektionen könne man mit Plasmagas wabenartige Strukturen im Implantat bioaktiv beschichten und raue Oberflächen von künstlichen Gelenkimplantaten funktionalisieren, erläutert Prof. Dr. Rainer Bader, Chef des Forschungslabors für Biomechanik und Implantattechnologie an der Orthopädischen Universitätsklinik Rostock. So behandelte Implantate könnten besser in den Knochen einwachsen und sollten längere Stabilität garantieren, zugleich Bakterienwachstum an der Oberfläche verhindern.


Dr. Christine Zollmann kommt nach Erfurt, weil sie sich „dringend benötigte“, praktisch umsetzbare und zugleich finanzierbare innovative Ansätze zur Heilungsförderung und Bekämpfung von Wundinfektionen verspricht. Die Fachärztin für Dermatologie und Phlebologie leitet das interdisziplinäre Wundnetz Jena und berichtet beim 10. Workshop Plasmamedizin über den Alltag der oft langwierigen Wundbehandlung durch ein interdisziplinäres regionales Team sowie in ihrer Praxis.

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Veranstalter des Workshops am 2./3. Dezember 2011 im Radisson Blu Hotel in Erfurt ist der Anwenderkreis Atmosphärendruckplasma (www.ak-adp.de). Die branchenübergreifende Themenplattform wurde 2009 von Experten des Oberflächen- und Plasma-Technologieentwicklers INNOVENT e.V. (Jena) ins Leben gerufen.
Die Ärztekammer Thüringen hat die Fortbildung anerkannt; Teilnehmer erhalten 13 CME-Punkte der Kategorie A.

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