Foto: aboutpixel.de400.000 bis 500.000 Patienten sollen in Deutschland jährlich falsch behandelt werden. So die gewagte Schätzung vermeintlicher Experten. Doch diese Horrorzahlen sind weit überzogen.

Das Entscheidende: Über die Hälfte aller Vorwürfe sind unberechtigt. Die entsprechenden Statistiken stellte der größte Arzthaftpflichtversicherer DBV-Winterthur am 23. April zusammen mit dem Marburger Bund auf einer Pressekonferenz am Rande des Internistenkongresses in Wiesbaden vor.

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Beim Marktführer DBV-Winterthur sind 122.000 Ärzte berufshaftpflichtversichert. Im Jahr 2005 gingen bei der Versicherung 4.583 Meldungen über vermeintliche Behandlungsfehler ein. Von diesen Vorwürfen waren 47 Prozent berechtigt, 53 Prozent jedoch nachgewiesen unberechtigt.

Dies gilt nicht erst seit 2005: "Obwohl unser Bestand an Arzthaftpflichtversicherten in den letzten zehn Jahren kontinuierlich zugenommen hat, blieb die absolute Zahl der jährlichen Schadenmeldungen in diesem Zeitraum stabil. Ebenso stabil blieb das Verhältnis von berechtigten zu unberechtigten Vorwürfen: Mehr als die Hälfte der Vorwürfe waren stets nachgewiesen unberechtigt", erläutert Patrick Weidinger, Leiter Arzthaftpflicht bei der DBV-Winterthur.

Die Validität der Zahlen wird untermauert durch das moderne und objektive Schadenmanagement bei der DBV-Winterthur. Bei ihr hat die außergerichtliche Einigung unbedingte Priorität. Unmittelbar nach einer Schadenmeldung klären spezialisierte Volljuristen gemeinsam mit erfahrenen Beratungsärzten eine mögliche Haftungssituation. Ziel ist eine zeitnahe und zugleich richtige Entscheidung.

In deren Folge werden berechtigte Ansprüche angemessen befriedigt und unberechtigte mit nachvollziehbarer Begründung zurückgewiesen. 92 Prozent aller Fälle konnten auf diese Weise außerhalb des Gerichtssaals geklärt werden. Bei der Entscheidungsfindung spielen die Gutachter- und Schlichtungsstellen eine große Rolle. In über einem Drittel aller Fälle werden diese durch den Patienten angerufen. Ihr Ergebnis wird meist von allen Beteiligten akzeptiert. Der Anteil der Schlichtungsverfahren beträgt 34 Prozent. Ein gerichtliches Verfahren wird nur aufgenommen, wenn es unvermeidbar ist. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Forderungen der Höhe nach deutlich über den Vergleichsbeträgen der Rechtsprechung liegen.

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"Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass der beklagte Arzt nur selten den Prozess verliert", resümiert Weidinger, "von den acht Prozent aller Fälle, in denen es zum Zivilprozess kam, hat der Arzt nur bei sechs Prozent 'verloren', das sind gerade einmal 0,48 Prozent aller Fälle." Der Marburger Bund vertritt die Interessen der Krankenhausärztinnen und -ärzte und kämpft zurzeit für bessere Arbeitsbedingungen im Krankenhaus. Für ihn sind ärztliche Behandlungsfehler immer seltener die Schuld eines einzelnen Arztes sondern eine Verkettung unglücklicher Umstände. Diese werden bedingt durch zunehmende Komplexität und Schnittstellen bei der Behandlung und immer größere Kosteneinsparungen zu Lasten der Weiterbildung. "Die herkömmliche Herangehensweise mit der Suche nach einem Schuldigen läuft oft ins Leere", so Dr. med. Matthias Albrecht, Vorsitzender des Landesverbandes Berlin/Brandenburg und Klinikarzt.

Der Marburger Bund fordert deshalb einen neuen Umgang mit Fehlern. Viel versprechende Ansätze seien unter anderem anonyme Fehlermeldesysteme, bei denen Ärzte aus den Fehlern anderer lernen können, die strukturierte Aufarbeitung von Zwischenfällen im Team sowie eine echte integrierte Versorgung, die den gesamten Patienten im Blick behält. Dr. Albrecht: "Fehler können wir nie ganz ausschließen. Aber wenn wir massiv in diese Fehlervermeidungsinstrumente investieren und gleichzeitig eine neue Fehlerkultur schaffen, werden wir Schadenfälle minimieren."

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